Katharer

 
 

 

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Katharer oder besser gesagt, Ihre Priesterschaft unter den erhabenen Frauen und Männern, waren im 11.- 13. Jahrhundert die letzten klassischen Gnostiker, welche in der Tradition einer langen Reihe oder Kette von Bruderschaften seit Jahrtausenden standen. Die Vatani-Druiden, der Orden Melchisedek, die Manichäer, die Taoisten, die Anhänger Platons, die Essener und die Bogumilen waren Gnostiker, um nur die Bekanntesten zu nennen. Die eingeweihten Tempelritter des inneren Zirkels hingegen waren im 12.jahrhundert schon der Übergang zu den neuzeitlichen Gnostikern, die sich in der moderneren Tradition durch die Alchemisten, Freimaurer und Rosenkreuzer fortsetzte. Das heißt aber nicht, das jeder der so einem Orden beitritt gleich ein Gnostiker ist. Dazu gehört wesentlich mehr. Vielleicht können wir uns dem Thema besser nähern, wenn wir folgendes verstehen und im Lichte des eigenen Herzens verinnerlichen können:

 

Ein wahrer Gnostiker war immer ein Mensch mit Grundsätzen, das heißt nicht ein beschränkter,
sondern ein standhafter Mensch! Für die Denkrichtungen anderer hat der Gnostiker immer
ein offenes Ohr und ist stets bereit, Gedanken mit anderen auszutauschen.

Aber der Gnostiker wird niemals seine hochstehenden oder tiefreichenden Grundsätze zum
Gegenstand einer zerstörenden, horizontal gerichteten Diskussion werden lassen.


Wenn man in Diskussionen tritt, kommt das Element Zerstörung in den Vordergrund, und es
gibt viele, die Genuss darin finden, solch eine Zerstörung bei anderen hervorzurufen.

Sobald ein spiritueller Begriffsbild, welches oberhalb der stofflichen, materiellen Ebene liegt öffentlich vorgestellt wird,

und dem sich nur mühsam über die sinnesorganische Denkweise genähert werden kann, in den Mittelpunkt einer Diskussion geworfen wird, nimmt er stoffliche, das heißt begrenzte Formen an, weil der stoffgebundene Mensch es in verständlichen Worten andeuten muss.

Im gleichen Augenblick zieht der Geist sich zurück, und nur die äußere Form bleibt übrig, die
immer unvollkommen und daher verletzlich und zerstörbar ist.
Die Sprechenden oder besser die Streitenden kehren in das begrenzte Stoffgebiet zurück mit
allen entsprechenden Folgen. Ihre Denkweise bewegt sich dann nur noch in der horizontalen
Richtung, die Gedanken können sich nicht über die Begrenzung des Stoffes erheben, weil
die Denkweise des Menschen von der Welt der sinnesorganischen Wahrnehmung
gefangengenommen wurde.

Dieses alles ist für den Gnostiker ein Grund, sich niemals in Diskussionen und Dispute einzulassen.

Die weisen Sprichwörter: "Schweigen ist Gold" und "Das erhabenste Geräusch ist die Stille", sind vermutlich im Kreis von Gnostikern entstanden.

Vielleicht fällt es dem geneigten Leser jetzt etwas besser die Bruderschaft der Katharer besser in seinem Denken und Fühlen einordnen zu können ohne diese gleich zu be-(ver)-urteilen. Lernen, die Geschichte aller Dinge auf Erden, die eigene Entwicklung zum Mensch, die Positionen, Denkweisen und Entscheidungen anderer Menschen aus einer innerlich, neutralen Bewusstseinshaltung zu betrachten. Das ist eine Grundhaltung aller wahren Gnostiker, insbesondere der Katharer!

 

Mythos und Geschichte der Katharer, sind eng mit einem Ort verbunden: Gralsburg Montségur im Vorgebirge der Pyrenäen.

 

Montsegur oben

 

> Montségur O, heiliger Ort unserer Streiter, du, erbaut von Esclarmonde, dem Himmel nah. O, Tabor der Troubadoure, Ritter und Verbannten, wie stehst du stolz auf hohen, steilen Felsen da! O, ruhmreiches Grab aus Okzitaniens Glorienzeit, rot rann das Blut der Väter von deinen Mauern. Und nun eingestürzt, vom Dach befreit, lehrst du, o Seele des Midi, uns das Bedauern. Doch nach 700 Jahren wird der Lorbeer wieder blühen auf der Asche der Märtyrer, die dunkles Vergessen brachte über so viele glückliche Tage! So rage stets stolz auf deiner steilen Höhe. Dem Wetter, dem Donner und dem Winter drohe: "Mein Fels wird ewig ragen, kommt nur, wollt ihr es wagen?"<

von H. Teulié, 1893

 

Die Verzauberung, die dieser sagenumwobene Ort auslöst, entstand auch aufgrund ihrer außergewöhnlichen Lage . Im äußersten Winkel Südfrankreichs, dem ehemaligen Okzitanien liegt sie wie ein Adlernest in 1215 m Höhe auf dem atemberaubendem Bergsattel mit Namen Pog.

Wer waren die Katharer und was haben sie getan, dass die weltliche Macht der römischen Kirche und der französischen Krone mit so viel Gewalt gegen diese Bewegung vorging?

 

 

 

Die Katharer selbst nannten sich >wahre Christen< und unterschieden sich in zwei Gruppen. Die große Mehrheit der einfachen Anhänger wurde „Credentes“ genannt und unterhielten nur eine lose Verbindung zur gnostischen Lehre der Katharer. Die Eingeweihten oder Vollkommenen waren die „Parfaits“, von der Bevölkerung auch >Bonhommés< oder >Bonfemmés< genannt. Sie lehrten ab dem 10. Jahrhundert ganz öffentlich ein Christentum der Liebe und der Toleranz ohne Dogmatismus, Autoritäten oder Angst vor Strafen. Bis auf die Geisttaufe lehnten sie alle Sakramente als überflüssig ab. Genauso weigerten sie sich das Kreuz mit dem Bildnis eines Gekreuzigten anzubeten. Die Frauen >Bonfemmés< waren absolut gleichberechtigt und waren Priesterinnen, in einer Zeit, in der Frauen normalerweise als männliches Eigentum behandelt wurden. Die Parfaits lebten in Armut und Bescheidenheit und predigten dort, wo die Menschen lebten. Auf Dorfplätzen, in Grotten oder Waldlichtungen. Sie waren auch bei den einfachen Bürgern und Bauern, Katholiken, Juden, Moslems und den okzitanischen Adligen hoch angesehen. Die Parfaits wurden oft dankbar in Häusern und Dorfgemeinschaften eingeladen und aufgenommen, weil sie auch praktische Lebenshilfe boten. Sie kannten sich aus mit Heilkräutern und ersetzten für viele so den Arzt oder die Hebamme.
Sie führten freiwillig ein streng asketisches Leben und nahmen keinen Kirchenzehnten. Sie hatten keinen Prunk zu bieten, aber dennoch strömten die Menschen zu ihnen, weil sie die einfache Botschaft verstanden. Die Katharer verkündeten die einzig wahre und unverfälschte, liebevolle Heilslehre Christi mit ihrer klaren Sprache und Tätigkeiten. Sie brachten ein eigenes, aus dem Latein übersetztes Buch mit dem neuen Testament heraus. Die Katharer waren die geistigen Nachkommen der alten Gnostiker aus Alexandria und ihr heiligstes Buch war das Johannes-Evangelium. Es war für sie ein Einweihungsbuch. Die Gnostiker sprechen davon, dass wir Menschen nur noch einen göttlichen Funken im Herzen besitzen, der uns mit dem Göttlichen verbindet. „Der Mensch ist so tief in die Materie dieser Welt gefallen und verstrickt, dass er nur durch Selbsterkenntnis und wahre Nächstenliebe zu dieser Erkenntnis und dem Wunsch nach erlösender Befreiung gelangen kann".     

Wird das eigene Leben danach freiwillig und ernsthaft ausgerichtet, kann die menschliche Seele ihre Katharsis (Reinigung) und innere Erneuerung erfahren, um die innewohnende Seele mit dem heiligen Geist zu verbinden. Dies war auch der Weg, den die Katharer ihren Anhängern (Credentes) erklärten, der aus der Gefangenschaft der Materie befreit und die Rückkehr zum Göttlichen ermöglicht. Für die Katharer war diese Welt nur eine Scheinwelt, die durch Materie die wahre göttliche Welt verhüllt. Auch das Jenseits war für sie nicht das ersehnte Paradies, sondern die Kehrseite des Diesseits. Ihr Bestreben richtete sich an eine göttliche Lichtwelt außerhalb von Jenseits und Diesseits. Sie wussten von der Reinkarnation und dem Rad von Wiedergeburt und Tod, aus dem sich der Mensch irgendwann befreien muss.
Nur wer den befreienden Impuls stark genug empfing, sollte diesen schweren Weg gehen und bereits zu frühen Lebzeiten das Consolamentum (Geisttaufe) erhalten. Dieser hohen Verantwortung wurden fast alle Parfaits gerecht. Allen anderen einfachen Gläubigen war es immer möglich, sich nur in Gottesdiensten mit dieser Heilslehre und dem Wissen zu verbinden. Sie erhielten ihr Consolamentum auf eigenen Wunsch erst in der Stunde ihres Todes. Um ein Parfait zu werden, mussten sich die katharischen Novizen/innen vier Jahre in strenger weltabgewandter Askese ins Sabarthez (Tal der Ariege) zurückziehen und sich immer mehr dem Stofflichen und Irdischen entziehen, bis sie zur Geisttaufe gereift waren. Die letzte Einweihung erhielten sie in der Grotte Bethlehem, von wo aus sie dann den Einweihungspfad zum 20 km entfernten Montsègur antraten.
Im Dienste der Menschheit gelang es in den rund 300 Jahren des Wirkens dieser Bruderschaft ungefähr 3000 Vollkommenen diese segensreiche Arbeit zu verrichten. Viele Adlige der verschiedenen Grafschaften in Okzitanien hatten Familienangehörige und Verwandte unter den Parfaits. Zusammen mit der Minnesängerkultur erreichten sie in diesem Land ihre höchste Blüte. Die gebildete und bescheidene Aristokratie im damals noch unabhängigen Südwestfrankreich schätzte die Lehren und die Lebensweise der Katharer. Sie bekamen immer stärkeren Einfluss im blühenden und freien Okzitanien, während man die Korruption und die Laster der römischen Kirche als abstoßend empfand. Akademien für die Naturwissenschaften und die Künste wurden gegründet und man arrangierte für die ganze Bevölkerung Blumenspiele und Sangesfeste. In der dadurch entstandenen kulturellen und geistigen Blüte traten die Troubadoure mit ihrer Sanges- und Dichtkunst auf.

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Besonders bekannt wurden die neuen Gralsversionen von Chretien de Troyes, Robert de Boron und dem Deutschen Wolfram von Eschenbach mit seiner Parsifal-Version vom heiligen Gral, die sehr eng mit dem katharischen und gnostischen Gedankengut verbunden ist, und auch im Zusammenhang mit dem Orden der Tempelritter wichtig ist.
Auch wirtschaftlich war dieses Land reicher als seine nördlichen Nachbarn. Das französische Königshaus und der Papst mit seinen Vasallen blickten neidisch und eher misstrauisch auf die Lebensverhältnisse im Süden des alten Frankenreiches. Das esoterische Christentum der Katharer und die gnostische Lehre waren natürlich schlimmste Ketzerei in den Augen der römischen Kirche. Zunächst entsandte sie ihre besten Prediger, um die katharischen Priester in öffentlich geführtem religiösen Disput bloßzustellen. Als dies gründlich misslang und einige der katholischen Priester sogar in Hochachtung von den katharischen Vollkommenen sprachen und manche gar überwechselten, griff man zu subtileren Mitteln. 1209 wurde der Mord an einem päpstlichen Legaten politisch benutzt, um endlich zum Kreuzzug gegen die verhasste Ketzerbrut im Süden aufzurufen.
Im Juni 1209 zogen Hunderte von Rittern und mehrere tausend angeworbene Räuber und Marodeure aus ganz Europa, denen man die Vergebung ihrer Sünden versprochen hatte, als Kreuzfahrerheer nach Beziers. Nur auf Raub, Vergewaltigung, Brandschatzung und Mord aus, schlachteten sie in zwei Tagen fast 10 000 Menschen, davon zweihundert bekennende Katharer ab. Auf die Frage eines Ritters, der sich angesichts dieser Tatsache und der unverhältnismäßigen Brutalität gegen Frauen, Kinder und Greise empörte, entgegnete der päpstliche Legat zynisch: „Tötet sie alle, Gott wird die Seinen schon erkennen!“
Dieser Spruch prägte den weiteren Kreuzzug und wurde zum Trauma der ganzen okzitanischen Bevölkerung. Zunächst standen die Menschen unter einem großen Schock, doch den Widerstand der Bevölkerung konnte man dadurch noch nicht brechen. Das gelang erst in späteren Jahren der von den Dominikanern praktizierten Bespitzelung und der neu ins Leben gerufenen Inquisition, einem Vorläufer des perfiden Spitzel – und Polizeistaats. Peinlichste stundenlange Verhöre musste jeder Bürger über sich ergehen lassen und mindestens einen Ketzer mit Namen nennen. Die einst friedliche und frohe Lebensart des Südens wurde unterhöhlt durch Hass, Lügen und Angst. Die weitere Geschichte ist bekannt und nur in wenigen guten Büchern wahrheitsgemäß nachzulesen. Die letzten südfranzösischen Katharer zogen sich nach 40 Jahren der Verfolgung auf die Burg Montsègur und in das Ariege-Tal zurück.

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Eine halbe Million Tote in Okzitanien nach 20 Jahren systematischen Mord, schwerste Verwüstungen, die das Land auf Jahrhunderte zurückwarf, waren der Preis für den Sieg gegen die Katharer und das ehemals freie Okzitanien.

Zehn Monate lang, bis zum März 1244, hielten nun 205 südfranzösische Katharer einem 2000 Mann starken Belagerungsheer am Montsègur stand. Verteidigt und beschützt durch 80 Soldaten und Ritter der Grafschaft, in dem die Burg lag, denn die Katharer waren Pazifisten, die weder gegen Mensch noch Tier ihre Hand erhoben. Letztlich ergaben sich die Verteidiger vom Montsègur den Belagerern freiwillig zu einem genau ausgesuchten, astronomisch besonderen Datum. Vier Parfaits gelang in der Nacht vor der Übergabe die Flucht. Was sie vor den Belagerern in Sicherheit brachten ist nie ganz geklärt worden und führte zu den wildesten Spekulationen. Am Morgen des 16. März kamen die Belagerten vom Berg herunter. Wer nicht vor dem Legaten abschwörte, sollte auf dem Scheiterhaufen sterben. Kein Katharer schwor ab. Sogar ein paar der Soldaten, die die Burg nur verteidigten, bekannten sich in letzter Minute noch zum katharischen Glauben und gingen lieber in den sicheren Tod, statt in die vermeintlich zugesicherte Freiheit. Mit Unglaube beobachtete der päpstliche Gesandte, wie sich die Katharer singend und freiwillig in die Flammen des vorbereiteten Scheiterhaufens warfen. Die Legende berichtet, dass an diesem Tag des enormen Lichtopfers eine Prophezeiung entstand, die besagt:
„Nach 700 Jahren wird der Lorbeer wieder blühen auf der Asche der Märtyrer!“
Um ca. 1320 hatte man auch die letzten katharischen Anhänger in den Grotten des Sabarthez aufgespürt und lebendig eingemauert. Damit war scheinbar alles beendet. Die Geschichtsfälscher der römischen Kirche machten in ihrer Hysterie aus den Katharern eine gefährliche und lebensfeindliche Mördersekte. Damit sollte das schwer beladene Gewissen beruhigt und das eigene Handeln gerechtfertigt werden. Auch rein äußerlich waren die Katharer und die okzitanische Kultur zu ihrer Zeit ein Licht in der Finsternis des düsteren Mittelalters in Europa. Der Montsègur war der spirituelle Leuchtturm und das Tal des Sabarthez ihr Hafen. Erst vor wenigen Jahrzehnten drang die wahre Geschichte des Montsègur und der Katharer wieder in das Bewusstsein einer größeren Öffentlichkeit. Damit wurde die alte Prophezeiung wahr, das nach 700 Jahren des Vergessens das Erbe der Katharer wieder an das Licht dringen würde.
Die Lehre und die Lebensauffassung der Katharer entsprechen dem, was viele spirituelle Menschen heute in allen Formen dringend suchen. Unser Kulturkreis und unsere spirituellen Wurzeln haben eine geistige Kraft und Tradition, die wir bei den Katharern sehr deutlich wiederfinden.
Wer die Reise in dieses Gebiet unternimmt, hat die Möglichkeit mit seinem offenem Herzen und seinem Innersten die Liebe , das Licht sowie die Wahrheit über das alternative Christentum, seine keltisch-germanischen Vorläufer, der Bruderschaften des heiligen Grals und der Katharer selbst zu erleben und zu erfahren. Mit seinen ganzen Sinnen, die Orte aufzunehmen, welche eine entscheidende Rolle in den letzten Jahrhunderten und Jahrtausenden spielten.

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Text und Copyright 2003: Michael Hock

Die wenig bekannten Rituale, die geheimen Orte und die historische Geschichte der Katharer sind ausführlich in diesem Kompendium über Okzitanien nachzulesen. Das Buch ist in seiner 3.Auflage im Handel und selbstverständlich auch über diese Website lieferbar.

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